(1577—1640)
Holz, 76×66 cm
Max Rooses, Rubens Leben und Werke 1890, S. 96 ff., zählt unser Werk zu den in Italien, speziell in Rom, um 1607 gemalten. Als Hofmaler des Vincenzo Gonzaga, Herzogs von Mantua und Montferrat, mit dem er in Venedig durch einen Zufall und die Vermittelung eines Mantuaner Kavaliers im Jahre 1600 in Verbindung gekommen, war er in unmittelbare Berührung nicht bloß mit den Kunstschätzen des Gonzagahofes, nächst Rom und Florenz wohl den reichsten Italiens, sondern mit der ganzen italienischen Kunst durch Kopieraufträge des Herzogs in andern Städten, vorzugsweise in Rom, gelangt. Dazu war seine persönliche Stellung bald eine ähnliche geworden, wie jene Mantegnas zu Lodovico III. und Giulio Romanos zu Federigo III. Gonzaga gewesen. Von Wichtigkeit war auch, daß seine klassische Bildung als Schüler des Justus Lipsius ihn in Rom der Antike so nahe brachte, daß der Arzt Joannes Faber ihn als „gelehrten Liebhaber von Altertümern in Marmor und Bronze“ besonders hervorhob (Rerum medicarum thesaurus, 1651, p. 831), und daß er auch später mit Vorliebe Antiken sammelte. Wie daher das Motiv zu dem Bilde der Entführung der Töchter des Leukippos von einem borghesischen Relief herrührt, so entstammte die Anregung zu unserem Bilde wahrscheinlich auch einem antiken Vorbilde, welches vorzugsweise aus dem Grunde noch nicht nachweisbar ist, weil Rubens nicht eigentlich kopierte, sondern stets nach eigenem Geschmack seine Kompositionen malerisch um- und durchbildete. Der plastische Grundzug ist jedoch noch deutlich durchzufühlen, und zwar mehr als in seinen späteren Werken bacchischen Inhaltes, nicht zu gedenken der schönsten unter den Silengruppen in dem Bilde der Pinakothek Nr. 754, welches gewiß nicht identisch ist mit jenem, das nach einem Briefe des Philipp Rubens an de Piles schon 1613 gemalt wurde: Denn die vollendet malerische Auffassung unseres Silenzuges läßt die plastische Erinnerung an die Reliefs im kapitolinischen Museum wie im Museo Nazionale in Rom bereits völlig verblaßt und die unmittelbare Naturbeobachtung durchaus sieghaft erscheinen. — Das Bild der beiden Satyrn, zu den besten Schöpfungen der Frühzeit des Meisters zählend, stammt aus der kurbayerischen Sammlung.
Text und Bild aus: Album der Alten Pinakothek zu München, fünfzig Farbendrucke, mit begleitenden Texten und einer historischen Einleitung. Author,Alte Pinakothek (Munich, Germany); Reber, Franz von.