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Channel: PETER PAUL RUBENS 1577-1640 – Kunstmuseum Hamburg
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Peter Paul Rubens – der Früchtekranz

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(1577—1640)
Leinwand
117X203 cm

Sieben lebensgroße nackte Kinder tragen spielend ein volles Fruchtgewinde.

Den Hintergrund bildet eine Felswand; links öffnet sich die Landschaft mit Nachmittagshimmel. Das schwellende Leben dieser reisenden Kinderkörper, die natürliche Anmut ihrer Bewegungen und der schelmische Ernst ihres Treibens. — wie ist der Maler der feierlichen Kirchentafcln und der dramatisch bewegten Historien zu dem Liebreiz solcher einfachen Erfindung, dieser an die Antike erinnernden Naivität gekommen? Wir denken zunächst an die Kinderengel Tizians, die desselben Geistes sind, sic treiben auf großen Altartafeln über Madonnen und Heiligen dasselbe Spiel mit weltlicher, neckischer Lust und Grazie, und diese „heiligen Kinder“ sind dann nicht wieder verschwunden aus der italienischen Kirchenmalerei, sie finden sich bei den Caracci, bei Guido Reni, Guereino und ihren Nachzüglern bis in die späteste Zeit, ebenso bei den Spaniern, wo allein der eine Murillo schon unvergänglichen Ruhm haben würde, wenn er nichts weiter gemalt hätte als seine Engelkinder. Rubens war früh in Italien gewesen, er übernahm von den Italienern ein religiöses Genrebild, wie es am vollkommensten Correggio entwickelt hat, weltlich und weich, freundlich bis zum Tändelnden, wo der heilige Inhalt nur noch die Unterlage abgibt für künstlerichc Stimmung und malerische Erfindung in Form und Farbe. Auf diese Weise wird die Kindheit Christi behandelt, mit Vorliebe die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten, sogar die Beweinung Christi. Dem Rubens folgte auf diesem Wege van Dyck, der in solchen Darstellungen sogar der größere Meister ist, und Murillo. Ein weiterer Schritt auf diesem Wege geschieht, wenn — bei allen dreien — aus den biblischen Kompositionen das Christkind und der kleine Johannes sich loslösen und selbständig, begleitet von geflügelten Putten, kleine Szenen aufRihren, wenn das flachsblonde Christkind dem etwas derberen, brünetten Johannes die Wange streichelt, oder dieser auf seinem Fell sitzt und dem Christkind ein Lamm zum Spielen hinreicht. Auch hierin waren die späteren Italiener seit den Caracci schon vorangegangen; sie lassen das Christkind mit den Marterwerkzeugen spielen, auf einem liegenden Kreuz schlafen. Tizian hält sich noch von solchen Spielereien fern. Dergleichen Kinderszenen sind moderne Seitenstücke zu den spätgriechischen Reliefs aus dem bacchischen Kreise, wo Amoretten oder ungeflügelte Putten das Treiben der Großen scherzend nachahmen. Weinlese, Keltertest, bacchische Prozessionen, — moderne Umbildungen, dürfen wir sogar sagen, indem wir zu unsem Kindern mit dem Früchtekranz zurückkehren. Diese sind flügellos, also profan gedacht, wie z. B. die tanzenden Kinder auf den Bädern des Bolognesen Francesco Albani, die Rubens zum teil gekannt haben kann. Er kannte aber vor allem antike Reliefs der vorhin bezeichneten Art, und sein „Früchte-kranz“ ist ganz im Geiste der antiken Genreplastik erfunden, ohne jedoch irgendwie zu antikisieren, völlig naiv und von eignem Leben erfüllt, um soviel lebenswärmer als die antiken Vorbilder, als es die moderne Malerei eines solchen Meisters der antiken Plastik gegenüber sein kann. — Unser Bild ist 1806 mit der Düsseldorfer Sammlung nach München gekommen.

Text und Bild aus: Album der Alten Pinakothek zu München, fünfzig Farbendrucke, mit begleitenden Texten und einer historischen Einleitung. Author,Alte Pinakothek (Munich, Germany); Reber, Franz von.


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