(1577—1640)
Holz, 143X92 cm
Mit dem großen Kreuzigungsbilde, welches Rubens bald nach 1613 für die neugebaute Kapuzinerkirche in Antwerpen gemalt, um damit der Kreuzaufrichtung und der Kreuzabnahme gewissermaßen die Hauptszene hinzuzufügen, hatte der Meister ähnlich wie bei den wiederholten Darstellungen des Jüngsten Gerichtes den wichtigsten Gegenstand der religiösen Malerei in seinen Darstcllungskreis gezogen. Das herrliche Bild, 1794 nach Paris entführt, von Napoleon I. an das Museum von Toulouse geschenkt, hatte lange genug an seiner Entstehungsstelle gestanden, um nicht bloß den Meister und seine Nachfolger zu wiederholter Lösung des Problems zu reizen, sondern auch die Zeitgenossen zu bestimmen, Kruzifixusbilder von Rubens zu verlangen. So folgten zunächst zwei kleinere und vereinfachte Darstellungen desselben Gegenstandes, jetzt in den Museen zu München und in Mecheln, von welchen wir die erstere in unserer Tafel wiedergegeben finden. Sie sind bemerkenswert durch eine an Kirchenbildem des Meisters seltene Empfindung, durch Schönheit der Körperformen und durch die braunen Schatten, welche den Übergang von dem magischen Licht der Gestalt zu dem nächtlichen Himmel stimmungsvoll vermitteln. Die unterlebensgroße Figur wie die kleinen Dimensionen lassen nicht an kirchliche Altarbilder denken, während die private Nachfrage nach dem häuslichen Andachtsbilde mäßigen Umfang bevorzugte. Lehnte doch Sir Dudley Carleton unter den zwölf Gemälden, welche ihm Rubens im Tausch gegen Antiken 1618 angeboten, einen leider nicht mehr nachweisbaren Kruzifixus ab, weil er zu groß (12×5) war, obwohl ihn Rubens als das beste Bild, das er gemalt, bezeichnete und doch nur 500 Gulden dafür berechnete. Für große Altargcmälde erstrebte Rubens stets figurcnreiche dramatische Lebendigkeit, wie sie uns auch in dem um die gleiche Zeit entstandenen „Christus mit dem Lanzenstich“ entgegentritt, das Nie. Rockox 1620 für den Hochaltar der Minonitenkirche in Antwerpen stiftete, jetzt ein Hauptwerk im Museum daselbst. Im Hause dagegen mochte die Ruhe nach dem Tode und der menschenleere Schauplatz im nächtlichen Dunkel entsprechender erscheinen. Das Bild stammt aus der Düsseldorfer Galerie.
Text und Bild aus: Album der Alten Pinakothek zu München, fünfzig Farbendrucke, mit begleitenden Texten und einer historischen Einleitung. Author,Alte Pinakothek (Munich, Germany); Reber, Franz von.